Zur 36. Edition des Filmfest Dresden (16.-21.04.2024) erwarten die Besucher:innen insgesamt über 370 Kurzfilme aus 62 Ländern in den drei Wettbewerben sowie diversen Sonderprogrammen. In einer Pressekonferenz im Filmtheater Schauburg gaben die Festivalleiterinnen Sylke Gottlebe und Anne Gaschütz gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Festivalteams Einblicke in das vielfältige Programm, darunter auch zum bereits verkündeten Themenschwerpunkt „Dreaming Utopia – alles wird gut!“.
Neben dem Filmprogramm bietet die Festivalwoche mit etc. - events.trainings.connections. erneut ein breitgefächertes Rahmenprogramm mit Panels, einer Masterclass und Events, die sich an Fachbesucher:innen sowie ein interessiertes Publikum richten. Zu den langjährigen Spielorten, darunter das Filmtheater Schauburg, das Thalia Kino und Programmkino Ost kommt in diesem Jahr die Ostrale.Basis neu hinzu. Das kostenlose Kurzfilm-Open-Air, das in diesem Jahr 10. Jubiläum feiert, findet erneut auf dem Schlossplatz statt und wird 2024 durch ein zusätzliches Engagement des Festival-Hauptpartners Filmnächte am Elbufer ermöglicht.
Die insgesamt 60 Beiträge in den drei Wettbewerben (National, International und Mitteldeutsch) konkurrieren um die mit 72.000 Euro dotierten 16 „Goldene Reiter“ und Sonderpreise, die in der Preisverleihung am Samstag, den 20. April verkündet werden. Die Mitglieder der acht unabhängigen Jurys vergeben an diesem Abend 14 Auszeichnungen, darüber hinaus werden noch zwei Publikumspreise verkündet. Tickets können ab sofort vor Ort bei SAXticket (Königsbrücker Str. 5) sowie online erworben werden. Einen Vorgeschmack auf das Programm bietet die traditionelle Programm-Preview am 11. April 2024 um 20 Uhr im Thalia Kino.
Retrospektive: Gammler, Träumende, Liebende
Die diesjährige Retrospektive beleuchtet zwei spannende, wenn auch kurzlebige Film-Phänomene und bringt unterschiedliche Utopien aus Ost und West zusammen: Im Westen drängten in den 1960er Jahren Lebenskünstler:innen, sogenannte „Gammler“ in den wirtschaftswunderbaren BRD-Nachkriegsalltag und auch auf die Kino-Leinwände. Als Protagonist:innen des so genannten Gammlerfilms verkörperten diese Hippies und Hallodris als postkapitalistische Gegenentwürfe eine andere, utopischere Vorstellung vom „besseren Leben“. Gezeigt werden hier die beiden Arbeiten NA UND…? (von Marquard Bohm und Helmut Herbst, 1967/68) und NACH LANGEN JAHREN EIN WIEDERSEHEN MIT MEINEM BRUDER AUS BULGARIEN WÄHREND EINER KURZEN ZWISCHENLANDUNG IN MÜNCHEN (1973) von Marran Gosov.
Etwa zur selben Zeit stellte man sich in der DDR im Kino auf den Sozialismus des neuen Jahrtausends ein. Science Fiction-Filme und fiktionale Dokumentationen sollten aufklärend, lehrreich und unterhaltend sein und als technische, vor allem gesellschaftliche Projektionen der Zukunft („kontrollierte Utopien“) verstanden werden – keineswegs jedoch als alternative Lebensentwürfe zum real existierenden Sozialismus. Der Zukunftsfilm blieb in der DDR-Filmgeschichte ebenfalls ein kurzes Intermezzo sowie ein unterhaltsames Kuriosum, wie etwa Joachim Hellwigs LIEBE 2002 aus dem Jahr 1972 zeigt. Abgerundet wird das Programm mit IKARUS - SHE KILL THE LAUGH von Michael Knof (1989), entstanden für Wolfgang Engels legendäre Faust I und II-Inszenierung im Schauspielhaus Dresden.
Tribut NEOZOON – NOTHING CUTE HERE
Sein diesjähriges Tribut widmet das Filmfest Dresden dem Künstlerinnenkollektiv NEOZOON. Bekannt für ihre Kurzfilme, die aus raffinierten Collagen von YouTube-Videos bestehen, reflektieren NEOZOON über essentielle Themen der Menschheit, wie etwa das ambivalente Verhältnis des modernen Menschen zum Tier, das zwischen Utopie und Obsession, Grausamkeit und Liebe, Anerkennung und Leugnung der Unterschiede zwischen den Spezies hin- und hergerissen ist. Gezeigt werden unter anderem LAKE OF FIRE, der beim vergangenen Filmfest Dresden mit dem Sächsischen Filmförderpreis ausgezeichnet wurde sowie FRAGMANTS, der sich klug, kurzweilig und reflexiv-kritisch mit einem Phänomen der kapitalistisch geprägten Gesellschaft auseinandersetzt: dem Unboxing (Auspacken).
Das Tribut bietet einen vertiefenden Einblick in das umfangreiche Schaffen NEOZOONS und ist zudem an die diesjährige Masterclass (Sa., 20.4., 16 Uhr, Schauburg) angebunden.
Programm-Highlights: Late-Night-Specials „Cinema Digestif“, Diskurs Europa: Italien
Auf Genre-Kino vom Feinsten können sich Besucher:innen im beliebten Late-Night-Special „Cinema Digestif“ freuen. Insgesamt drei Programme bieten zu später Stunde Abseitiges und Überraschendes, so präsentiert das Final Girls Berlin Film Festival ein Programm mit Horror-Filmen, die von Frauen und nicht-binären Personen gemacht, produziert und/oder geschrieben wurden. Ins Science Fiction-Genre begeben sich die Zuschauer:innen des Programms This Will Only Sting For a Moment, wo sie unter anderem zweifelhaftes maskulines Verhalten sowie Experimente erleben, die schrecklich und urkomisch schiefgehen. Der Klassiker Seriously? WTF! erkundet in diesem Jahr die aufregende Welt der Tiere! Bissig und kratzbürstig, das versteht sich von selbst.
Die diesjährige Diskursreihe widmet sich dem (Film-)Land Italien und stellt in zwei Programmen filmische Perspektiven aus Süditalien und aus dem Norden (aus Südtirol) gegenüber. Im Programm Filmen gegen die Idylle bietet Gastkurator und Regisseur Ronny Trocker Einblicke in die Diversität des Kurzfilmschaffens der mehrsprachigen und widersprüchlichen Grenzregion Südtirols. Große Meister:innen und neue Stimmen des italienischen Kinos vereint das Programm Die Insel im weinfarbenen Meer, das Süditalien und Sizilien in den Blick nimmt.
Rahmenprogramm events.trainings.connections
Audiowalk, Trickfilmshow mit Oscar©-Preisträger Thomas Stellmach, KI, Gaming-Live-Lecture
Die Sektion events.trainings.connections. bietet auch in diesem Jahr wieder sowohl akkreditierten Gästen als auch dem interessierten Festivalpublikum eine breite Auswahl an interessanten Gesprächen, besonderen Empfängen, einer Masterclass und Events.
In einem audiovisuellen Stadtrundgang (Di-So), entstanden in Zusammenarbeit mit der iranischen Filmemacherin und Künstlerin Afsun Moshiry, werden Erzählungen von Menschen aus dem Iran mit Dresdner Schauplätzen verknüpft. Es wird sowohl gemeinsame Stadtrundgänge in Gruppen, als auch einen individuell abrufbaren Audiowalk per QR-Link geben (Eintritt frei, in englischer Sprache).
Oscar©-Preisträger Thomas Stellmach (Academy Award 1997 für den Animationsfilm „Quest“) präsentiert in seiner Trickfilmshow (Mi, 17.4., 18 Uhr, Schauburg) einige seiner preisgekrönten Werke und spricht über Techniken und Kniffe, Anekdoten und Fakten, Hintergründe und Zukunftspläne.
Den wachsenden Einfluss – Gefahren und Potentiale – von künstlicher Intelligenz auf die Filmlandschaft nimmt die Diskussion: What’s the point of Artificial Intelligence? (Fr, 19.4., 15:00 Uhr, Hole of Fame, in englischer Sprache) in den Blick.
Eine besondere Live-Performance erwartet die Zuschauer:innen in Total Refusal: Everyday Daylight (Sa, 20.4, 19:00 Uhr, GEH8 Kunst Raum Ateliers): In einer Gaming-Live-Lecture führt das Medienkollektiv Total Refusal durch die Metropole Los Santos, der digitalen Stadtlandschaft des Videospiels Grand Theft Auto (GTA) V und diskutiert den Begriff des Hyperrealismus und die Möglichkeiten, ihn künstlerisch anzueignen.
Nach der Preisverleihung am Samstagabend lädt das Filmfest ein zur FESTIVAL DRAG PARTY in der Groovestation. Unter dem Motto Utopian Glamazons erwartet die Gäste ab 22:00 Uhr eine DRAGzellente Extravaganza mit DJs, Tanz und Drag-Shows (ab 23:00 Uhr).
Programm für junge Zuschauer:innen
Das 36. Filmfest Dresden bietet auch in diesem Jahr in fünf altersgerechten Programmen eine Auswahl an aktuellen internationalen Kurzfilmen für Kinder und Jugendliche ab 5 Jahren, die fesselnde Geschichten aus verschiedenen Teilen der Welt auf die Leinwand bringen. Im Anschluss an die Vorführungen haben die Zuschauer:innen die Möglichkeit, Fragen an die Filmemacher:innen zu stellen und mehr über die gezeigten Filme zu erfahren. Alle Programme sind auch als Gruppenvorführungen buchbar.
Zusammengestellt wurde die Auswahl erneut in Zusammenarbeit mit dem Jungen Kuratorium des Filmfest Dresden – einer Gruppe junger Filmbegeisterter aus Dresden und Umgebung.
Ergänzend gestaltet der langjährige Kooperationspartner Trickfilmschule Fantasia den Workshop „Bild für Bild, so lebt der Trickfilmheld“ mit den Animationsfilmer:innen Alma Weber und Thomas Stellmach und präsentiert in der Kids Spezial Werkschau die Workshop-Ergebnisse. Als besondere Überraschung wird hier auch die Festivalpremiere von HIN UND WEG gefeiert, dem ersten selbst gedrehten Kurzfilm des Kurz.Film.Club. vom Filmfest Dresden.
Darüber hinaus laden diesmal gleich zwei Workshops Schulklassen und Gruppen zum Kurzfilmmachen ein. Gemeinsam mit der Animatorin Alma Weber (ihr Film WÜSTENTIER läuft im Kids 2-Programm) können Teilnehmer:innen Filmheld:innen zum Leben erwecken. Die Möglichkeiten der Wundertrommel Zoetrop werden mit Oscar©-Preisträger Thomas Stellmach erkundet.