In welchem Spannungsfeld Prämiensparer sich aktuell bewegen
Der ersten Freude über das in weiten Teilen verbraucherfreundliche Urteil des Bundesgerichtshofes im Streit um die Anpassung von Zinsen schließen sich nun viele Fragen an: Wie weiter? Was muss getan werden und bis wann? Für die Beantwortung öffnet sich ein weites Feld mit unterschiedlichen Optionen für die Betroffenen.
Abwarten und Tee trinken
Für die rund 1.300 Kund*innen, die sich bis April 2020 der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig angeschlossen haben, heißt es durchatmen, zurücklehnen und freuen. Da es keinerlei Fristen zu verpassen gibt, müssen die Prämiensparer*innen bis zur Entscheidung über den finalen Referenzzinssatz durch das Oberlandesgericht Dresden geduldig abwarten. Die Verbraucherzentrale Sachsen informiert alle individuell und umfassend. Wer dennoch unsicher ist, kann individuellen Rat bei den sächsischen Verbraucherschützer*innen einholen. „Prämiensparende sollten indes eventuelle Vergleichsangebote nicht voreilig annehmen und sich nicht mit deutlich weniger abspeisen lassen, als ihnen wahrscheinlich zusteht“, erklärt Michael Hummel, Justitiar bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Diese Empfehlungen gelten gleichermaßen für die Mitklagenden in den Musterklagen gegen die Sparkassen Muldental, Meißen, Vogtland, Zwickau und die Erzgebirgssparkasse.
Aktiv werden - Fristen nicht verpassen
Sparer*innen, deren Forderungen am 31. Dezember 2021 verjähren – das heißt deren Verträge 2018 gekündigt wurden – sollten nicht mehr warten, sondern sofort Maßnahmen ergreifen, um die Verjährung der Ansprüche zu verhindern. Dabei helfen die Expert*innen der Verbraucherzentralen oder auch qualifizierte Rechtsberater weiter. „Für die sächsischen Sparer ist das vor allem in Mittelsachsen und Bautzen zutreffend. Daher wird die Verbraucherzentrale Sachsen hier zwei weitere Musterfeststellungsklagen nachschieben“, stellt Michael Hummel für November in Aussicht. Der Anschluss an eine Musterklage hemmt die Verjährung ebenso, wie beispielsweise Schlichtungsverfahren, Verhandlungen mit dem Geldhaus oder gerichtliche Maßnahmen. Prämiensparer*innen, die sich einer Musterklage gegen die Sparkassen Mittelsachsen oder Bautzen schon vor Einreichung der Klage anschließen möchten, können ihr Interesse schon jetzt in einem Kontaktformular auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Sachsen hinterlassen. Auch im Vogtland und im Erzgebirge verjähren in diesem Jahr etliche Ansprüche. Alle Sparenden, die sich den Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse Vogtland und die Erzgebirgssparkasse nicht angeschlossen haben, sollten deshalb unbedingt dagegen vorgehen.
Ansprüche berechnen lassen
Das Urteil des Bundesgerichtshofes entfaltet aus Sicht der Verbraucherzentrale Sachsen Wirkung weit über die Stadtgrenzen Leipzigs hinaus. „Die Entscheidung des BGH für einen langfristigen Zinssatz der Deutschen Bundesbank bestätigt nicht nur unsere Rechenweise, sondern definiert auch die Mindestforderungen an die Ausgestaltung der Zinsanpassung. Auch wenn noch unklar blieb, welcher Referenzzins genau zu verwenden ist, bleiben wir unserer Linie treu“, so Michael Hummel. Die Verbraucherzentrale Sachsen empfiehlt allen Interessierten auch unter Einbeziehung des jüngsten Urteils die Nachberechnung der Zinsansprüche. Weil der gewählte langfristige Referenzzins der Verbraucherzentrale Sachsen im Vergleich zu anderen in der Mitte liegt, halten sich eventuelle Abweichungen bei der Verwendung anderer langfristiger Referenzzinssätze nach oben UND unten in Grenzen. Interessierte können ihren Berechnungswunsch ebenfalls im Kontaktformular bei der Verbraucherzentrale Sachsen hinterlegen.
Appell an die Sparkassen
Sie sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Sie sind wichtige Arbeitgeber in ihrer Region. Sie sind dank sozialem Engagement und großzügigem Sponsoring ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Nun ist es an den Sparkassen, endlich die geltende Rechtsprechung anzuerkennen und die Kund*innen nicht länger auf das ihnen zustehende Geld warten zu lassen. „Ich bitte auch ausdrücklich die zuständigen Verwaltungsräte und die Politik darum, uns und die wartenden Verbraucher*innen zu unterstützen. Diskutieren Sie mit den Sparkassen die aktuelle Rechtslage, so dass die Sparkassen endlich wieder ihrem einst guten Image gerecht werden können“, fordert Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen.