Verbraucherzentralen kritisieren in ihrem Marktcheck den unüberschaubaren Wildwuchs an Klimaaussagen
Klima und Nachhaltigkeit sind vielen Menschen beim Einkauf wichtig. Das nutzen viele Unternehmen für sich und werben mit zahlreichen Werbeaussagen auf Lebensmitteln. Den Wildwuchs an Siegeln und Klimaaussagen zeigt auch eine Stichprobe der Verbraucherzentralen. Das ‚Klimaneutral‘-Siegel eines privatwirtschaftlichen Zeichengebers wurde im Rahmen des Marktchecks beispielsweise in sieben verschiedenen Varianten gefunden.
Häufig unklar und ohne nähere Erläuterungen
Am häufigsten wurde mit Klimaneutralität geworben (53 von 87 Produkte). Aussagen wie „klimaneutral“, „klimapositiv“ und „CO2-positiv“ haben besonders hohes Irreführungspotential. Aus Sicht der Verbraucherzentralen lassen sich solche Angaben nicht belegen. Sie sind für Verbraucher*innen keine Hilfe und meist stecken dahinter Ausgleichszahlungen in Kompensationsprojekte, deren Berechnungsgrundlagen durchaus fragwürdig sein können. Sie sollten daher grundsätzlich nicht mehr verwendet werden.
Bei einem Drittel der Produkte fehlte ein klarer Bezug. Aussagen wie ‚24 % CO2 Reduzierung‘ sind nicht hilfreich, wenn unklar bleibt, ob sich diese auf die Verpackung, die Herstellung oder das gesamte Produkt beziehen. Zudem wurde keine Vergleichsgröße genannt. Solche ergänzenden Erklärungen fehlten ebenfalls bei einem Drittel der Produkte. Auf weiterführende Informationen im Internet hingegen wurde häufig verwiesen (73 der 87 Produkte). Wesentliche Informationen zur Verständlichkeit von Klima- und CO2-Aussagen gehören jedoch aus Sicht der Verbraucherzentralen direkt auf die Verpackung.
Rechtliche Vorgaben dringend notwendig
Der Marktcheck macht deutlich, dass es ein gesetzliches, standardisiertes Regelwerk einschließlich entsprechendem Kontrollsystem für die Werbung mit Klima- und Umweltaussagen braucht. Das zeigt beispielsweise der Vergleich verschiedener Milchpackungen: Ein Produkt trug lediglich die Angabe „Klimaneutral“ mit Verweis auf „effektiven Klimaschutz“, ein anderes Produkt warb mit Aussagen und Erläuterungen auf allen Verpackungsseiten. Eindeutige Informationen lieferten diese jedoch auch nicht. Eine Einschätzung, welches der Produkte den größten Mehrwert für das Klima bringt, ist so für Verbraucher*innen nicht möglich.
Derzeit arbeitet die Europäische Kommission an einer Richtlinie über Umweltaussagen, die die rechtliche Lücke schließen soll. Den Entwurf bewerten die Verbraucherzentralen als vielversprechend. Bis die Richtlinie umgesetzt wird und sich damit direkt auf Werbeaussagen auswirkt, können jedoch noch Jahre vergehen. Unternehmen, die ihre Klimaschutzbemühungen deutlich machen wollen, sollten daher schon jetzt transparent und verständlich kommunizieren. Die Werbung mit Klimaaussagen darf nicht dazu führen, dass Unternehmen Produkte besser darstellen als sie sind und Verbraucher*innen dadurch getäuscht werden.
Hintergrund des Marktchecks
In einer bundesweiten Stichprobe haben die Verbraucherzentralen im April 2023 Lebensmittel mit Klima- und CO2-Siegeln und Aussagen erfasst. Dazu wurde das Angebot in Discountern, Supermärkten, Biomärkten und Drogeriemärkten in zehn Bundesländern untersucht.
Erfasst wurden 87 Produkte, die im Hauptsichtfeld mit Siegeln und Aussagen zu Klima und CO2 warben. In die Auswertung einbezogen wurden Angaben auf allen Verpackungsseiten, allen voran der Wortlaut der Aussagen und Siegel und nähere Erläuterungen, sowie Hinweise auf externe Dienstleister oder weiterführende Informationen im Internet.
Den ausführlichen Bericht zum aktuellen Marktcheck finden Interessierte online. Tipps für eine klimafreundlichere Ernährung gibt es auf der Internetseite der Verbraucherzentralen.