Johann Georg I. und seine Gemahlin kehren auf den Königstein zurück

Dana -
Das Kurfürstenpaar ist zurück in der Georgenburg der Festung Königstein. Foto: Marko Förster/Festung Königstein gGmbH
Das Kurfürstenpaar ist zurück in der Georgenburg der Festung Königstein. Foto: Marko Förster/Festung Königstein gGmbH

Königstein (Sächsische Schweiz), 29. Juli 2021 (tpr) – Sind die echt? Eine Frage, die sich mancher kleine und auch große Besucher stellen wird, wenn er das kurfürstliche Paar bestaunt, das am Mittwoch in die Johann-Georgenburg eingezogen ist. Händchenhaltend stehen Johann Georg I. von Sachsen und seine zweite Ehefrau Magdalena Sibylla von Preußen nach vierhundertundzwei Jahren wieder dort, wo sie zur Einweihung ihrer Gemächer in den Etagen darüber schon einmal gestanden haben.

Damit sie keiner in die Wange zwickt, um zu prüfen, ob sie leben oder nicht, und keiner in Versuchung kommt, die prunkvollen Gewänder anzufassen oder gar das funkelnde Geschmeide mitzunehmen, sind die Hoheiten in einer Vitrine verwahrt. Dort sind die weltweit einmaligen Figuren zudem vor Staub geschützt.

Originalgetreue Nachbildung mit allen Kleidern und allem Schmuck

Die neuesten Objekte in der Ausstellung zur Renaissance auf der Festung Königstein sind eine Sensation. Nie zuvor wurde ein sächsisches Kurfürstenpaar in ihren Kleidern mit allen prachtvollen Verzierungen und Schmuckstücken so originalgetreu wie möglich nachgebildet. Ein Projekt, das vor zwei Jahren beim Renaissancefest anlässlich des 400. Jahrestages der Einweihung der nach seinem Bauherrn Johann Georg benannten Burg, die eher ein Jagdschloss war, seinen Anfang nahm.

Die Dresdner Bühnen- und Kostümbildnerin Ella Späte hatte die künstlerische Leitung übernommen und ließ bei Simone Hermsen in Stadt Wehlen Kostüme schneidern, in denen die Schauspieler Mareike Greb und Detlef Heinichen als Sibylla und Georg auftraten. Die historische Kleidung sollte indes nicht wieder im Schrank verschwinden, sondern dauerhaft zu besichtigen sein. Allerdings war sie noch nicht bis in die letzten Details komplett. „Wir hatten damals viel zu wenig Zeit für die Herstellung“, sagt Simone Hermsen.

Als Vorlage diente ein Gemälde

Die Rekonstruktion erfolgte anhand eines Gemäldes, das nicht auf dem Königstein, aber in dieser Zeit entstanden ist. Es zeigt das adlige Paar in Prunkgewändern, die in Materialien und Motiven aufeinander abgestimmt sind. Dies sei ein Zeichen für ihre enge Verbundenheit, sagt Markus Bitterlich, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Festung. Georg und Sibylla, die zehn Kinder hatten, sollen eine glückliche Ehe geführt haben. Die Verzierungen und Schmuckstücke unterstrichen ihren Anspruch, zu den mächtigsten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches zu gehören.

„Das war schon eine Herausforderung“, sagt Ella Späte. Weder Kleidung noch Stoffe von damals existieren mehr, und vom Schmuck sind nur Exemplare der beiden Gesellschaftsketten des Kurfürsten erhalten. Ansonsten gibt es nur dieses Bild, das Ella Späte akribisch analysierte. Sie forschte in den Dresdner Kunstsammlungen und anderen Museen. Dann entwarf sie Muster für drei Stoffe, die in Deutschlands letzter Brokatweberei Egelkraut in Hessen auf historischen Webstühlen gewebt wurden und fertigte Zeichnungen des Schmucks an.

Simone Hermsen, Expertin für historische Mode, nähte die Kleidungsstücke, auch solche, die auf dem Gemälde nicht zu sehen sind, wie einen Unterrock. Der Kurfürst ist in ein Gewand gekleidet, das aus Gesäßhose und Wams mit einem Schoßteil aus breiten, in Goldlitze gerahmten Zaddeln besteht. Dazu trägt er Ärmelmanschetten und einen modernen flachen Spitzenkragen und keinen „Mühlsteinkragen“ mehr. Gekrönt wird die herrschaftliche Erscheinung durch einen Prunkmantel aus schwarzem Samt. Die Goldstickerei für die Neuanfertigung übernahm die Funke Stickerei GmbH in Eibenstock im Erzgebirge.

Das Kleid der Gattin ist von der Mode des englischen Hofes zur Regierungszeit Elisabeths I. inspiriert. Die Britische Königin galt als sehr modebegeistert und kreierte eine eigene Mode aus spanischen und französischen Elementen. In Sachsen lebte dieser Stil unter der ebenfalls sehr modebewussten Kurfürstin Magdalena Sibylla in variierter Ausprägung auf.

Das Paar trägt reichlich Schmuck, den Brit Kolleß herstellte. Die Originale bestanden aus Gold, Edelsteinen und Diamanten, die mangels Schliff wie Kandiszucker aussahen. „Das war damals schon unfassbar teuer und könnte heute keiner mehr bezahlen“, sagt die Dresdner Schmuckgestalterin. Sie verwendete vergoldetes Silber und Messing, Glassteine und Bergkristalle, aber auch Süßwasserperlen - und bemaltes Holz als Ersatz für einen Türkis. Höhepunkte sind Sibyllas Ohrringe, besetzt mit 700 winzigen Steinen, Georgs Gesellschaftsketten mit fünfzig ausgesägten kleinen Torbögen und einem Medaillon mit Doppeladler, den Ella Späte mit einem Einhaarpinsel malte, und der Schmuck für den Hut, der Krone.

Getragen von lebensecht aussehenden Figuren

Filigran geht es auch in der Werkstatt von Lisa Büscher in Berlin zu, die sich auf die Herstellung lebensecht aussehender Figuren spezialisiert hat. Die Maskenbildnerin hat schon mehrfach für die Festung Königstein gearbeitet. Die sichtbaren Körperteile des Kurfürstenpaares bestehen aus bemaltem Silikon. Die Haare hat Lisa Büscher einzeln reingestochen. Sie stammen von Menschen und Nerzen und für Georgs Vollbart von Büffeln, wegen ihrer Stärke.

Die Köpfe wurden zunächst in Ton geformt, die Hände direkt von Menschen abgenommen. Zum ersten Mal nach 100 Figuren stellte sich die Berlinerin für die Kurfürstin selbst zur Verfügung. So kommt es, dass Magdalena Sibylla nun die Hände von Lisa Büscher hat. Insofern ist die Frage „Ist die echt?“ nicht ganz unberechtigt.

Die Ausstellung mit den Figuren ist mit erklärenden Texttafeln versehen und wird noch um eine Medienstation ergänzt. Die Festung Königstein ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, von November bis März 9 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist im Festungseintritt inklusive.

www.festung-koenigstein.de

Bild 2: Lisa Büscher (Maskenbildnerin aus Berlin), Simone Hermsen (Kostümdesignerin aus Stadt Wehlen) und Ella Späte (Bühnen- und Kostümbildnerin aus Dresden) (v.l.n.r.) geben den Figuren des Kurfürstenpaars für die Ausstellung den letzten Feinschliff. Foto: Marko Förster/Festung Königstein gGmbH

Quelle: Festung Königstein gGmbH